Nun ist passiert, was keiner glaubte, und was dem DSV die Nerven raubte", textete der "singende Segelmacher" Frank Schönfeldt 1989 in seiner Hymne auf die Piraten-Klasse mit dem eingängigen Refrain "Schwarz auf Weiß liegt es auf dem Tisch - der Pirat wird olympisch!......

Nun ist passiert, was keiner glaubte, und was dem DSV die Nerven raubte", textete der "singende Segelmacher" Frank Schönfeldt 1989 in seiner Hymne auf die Piraten-Klasse mit dem eingängigen Refrain "Schwarz auf Weiß liegt es auf dem Tisch - der Pirat wird olympisch!" Das war leider Seemannsgarn - bisher ist das beliebte Jugendboot nicht zu diesen hohen Weihen gekommen.
Doch seit 70 Jahren erfreut sich der Pirat anhaltend hoher Beliebtheit. Und nicht nur in Deutschland: Auch in der Schweiz, Dänemark und Tschechien wird die Jolle gern gesegelt. Als natürliche Ergänzung nach den Lehrjahren im Optimisten oder auch als überschaubare, leistungsstarke Klasse für Segler, denen Kosten und Niveau in den realen olympischen Klassen zu hoch sind.
"Natürlich war es das Quatsch, das zu singen, dass das Schiff noch einmal olympisch wird", sagt Schönfeldt lachend. "Aber Ende der 80er Jahre hatte die fast schon totgesagte Klasse auf einmal einen so immensen Boom, da haben wir gedacht, wir kommen noch mal ganz groß raus." Schönfeldt, der in der Piraten-Szene durch Meistertitel und den Schnitt für die schnellsten Segel bekannt ist, kennt die Schiffe seit über 30 Jahren. Nach einem Ausflug ins tatsächlich olympische Starboot kehrte er wieder zu seiner alten Klasse zurück und kämpft nun darin verbissen um Punkte.
Als offizielle Jugendklasse des Deutschen Segler Verbandes (DSV) ist der Pirat eine "Kaderschmiede" für Segler mit olympischen Ambitionen: Rolf Mulka, Willy Kuhweide, Ulrich Libor, die Brüder Jörg und Eckart Diesch, Achim Griese und Mark Pickel feierten erste Erfolge im Piraten.
"Wie beim Starboot entscheidet beim Pirat vor allem die Technik und nicht das schnelle Heraus- und Hereinturnen der Mannschaft über den Erfolg", analysiert Starboot-Olympiasieger Achim Griese. Der spätere Olympionike Willy Kuhweide erinnert sich an dem Anfang in der Zweimannjolle: "Als 13-jähriger kam ich zum Verein Seglerhaus am Wannsee, wir trainierten auf Piraten. Ich mochte das Boot sehr gern, es ist überschaubar und bei allen Bedingungen ein geeignetes Wettkampfgerät." Zwei Jahre später siegte Kuhweide auf der Kieler Woche.
Zwischendurch war den Piraten die Teilnahme an der größten Regattaveranstaltung der Welt viele Jahre verwehrt. Erst seit 1997 wird die Klasse wieder im Programm geführt. Die offizielle Begründung für die Streichung aus dem Programm waren die mangelnde Internationalität der Klasse und zu geringe Meldezahlen.
Für die Jollenklasse, der viele Segler bis ins Rentenalter treu bleiben, schwer vorstellbar. Bootsnamen wie "Matter of Divorce" (Scheidungsgrund), "Kopfsache" oder auch "Mach grade" (auf die Krängung anspielend, die durch bauchmuskelstärkendes Hängen in den vorgesehen Ausreitgurten ausgeglichen wird) zeigen, dass Piratensegelei Liebe ist.
Lange Jahre ungekrönter König der Klasse war der Hamburger Michael Ilgenstein. Bis Ende der 80er Jahre führte er die Rangliste an und ersegelte sich regelmäßig souveräne Abstände zum Verfolgerfeld. Doch für den Kadersegler gab es nach der Wende einen ungeahnten Dämpfer. Wie kaum eine andere Bootsklasse wurde der Pirat in beiden Deutschlands gesegelt, die Klassenvorschriften blieben bis auf die Größe der Spinnaker nahezu identisch.
Mit der Grenzöffnung hielt in der Klasse ein ungeahntes Potenzial Einzug. "Auf einmal segelten die DDR-Starsegler gegen uns", erinnert sich Ilgenstein. "Auf einer Wettfahrt in Berlin wähnte ich mich ganz weit vorne, bis ich auf einmal vor mir einen Holzpiraten mit alten Segeln entdeckte, gegen den ich trotz meines modernden Materials keine Chance hatte."
Nach wie vor werden neue Piraten gebaut: So erhielt gerade Karsten "Butze" Bredt, neben Schönfeldt einer der seglerischen Urväter der Klasse, ein neues Boot. "Vor 30 Jahren hatte ich zusammen mit meinem Bruder Jochen das erste eigene Schiff mit der Segelnummer 3405", sagt er schmunzelnd, und setzt fort: "Dreißig Jahre später sind wir genau 1000 Nummern weiter."
Die Jubiläumsregatta "70 Jahre um das goldene Beil" findet vom 1. bis 4. Mai 2008 auf dem Berliner Langen See bzw. Seddinsee statt, Veranstalter ist der Berliner Tourensegler Club Blau-Weiß e.V.